Das Hochwasser vom 28./29.Oktober 1998 im Einzugsgebiet
der Eyach
Dipl-Geoökol. M. Casper, Dipl.-Ing. J. Aberle
Institut für Wasserwirtschaft und Kulturtechnik
Dipl.-Geoökol. G. Waldenmeyer
Institut für Geographie und Geoökologie
Universität Karlsruhe (TH)
erstellt: 9.9.1999
Für das Hochwasser vom 28./29. Oktober 1998 liegen
im oberen Einzugsgebiet der Eyach (Vorflut Enz/Neckar), insbesondere im
Einzugsgebiet des Dürreychbaches detaillierte Daten vor, die eine
genauere Auswertung des Ereignisses und seiner Auswirkungen zulassen.
Eine statistische Auswertung des Abflußereignisses
ergibt für die Pegel Eyachmühle (30km2), und Dürreychbach
(7km2) übereinstimmend eine Jährlichkeit im Bereich
von 120 bis 200 Jahren. Betrachtet man den Niederschlag, so liegt dessen
Jährlichkeit im Bereich von 80 bis 120 Jahren (je nach Dauer, Quelle:
DWD, 1997) (Tabelle 1).
Tabelle1: Statistische Kenngrößen des Ereignisses
Erklärt werden kann dieser Unterschied in der Jährlichkeit
durch die Tatsache, daß im Gebiet bei Ereignisbeginn fast vollständige
Sättigung herrschte.
Durch die intensiven Niederschläge und maximalen
Abflußspenden (bezogen auf ein 10min-Intervall) von 2000 bis 2700
l/(s*km2) kam es im gesamten Einzugsgebiet zu deutlichen Erosionserscheinungen
Für das Teileinzugsgebiet des Dürreychbaches wurden die Erosionserscheinungen
an Wegen und wegenahen Bereichen in Anlehnung an DVWK (1996) kartiert (Waldenmeyer,
1999).
Das Bachbett wurde durch den Transport von großen
Mengen Geröll und Holz in seiner Struktur umgestaltet. Im Oberlauf
der Eyach wurde eine Brücke durch Unterspülung zerstört.
Die Auen wurden stellenweise durch beträchtliche Sedimentablagerungen
aufgehöht.
Im Unterlauf des Dürreychbaches kam es durch das
Hochwasser zur Zerstörung des Straßendammes an mehreren Stellen.
Dabei wurde auch eine über 100 Jahre alte Trockenmauer durchbrochen.
Hauptursache war hier die Begradigung des Baches und der Verbau des Gewässers
im Bereich der Talaue: Durch das Ereignis hat sich wieder ein stärker
gekrümmter Verlauf entwickelt. Im Oberlauf wurde der mit Sandsteinblöcken
befestigte alte Talweg auf einer Länge von 20m komplett abgetragen.
Durch verklemmte Baumstämme und lokale Fließgeschwindigkeitsreduktion
kam es zu enormen Anhäufungen von Sediment mit Blöcken bis etwa
100cm Durchmesser. Umläufigkeiten führten dann zu starken Erosionserscheinungen.
Für 2 Bachabschnitte im Unter- und Mittellauf des
Dürreychbaches wurde anhand von Vermessungsdaten der Maximalabfluß
rekonstruiert und Kenngrößen wie maximale Fließgeschwindigkeit
bzw. Transportkraft abgeleitet (Tabelle 2), vgl. Aberle et al. (1999).
Einige Steilhänge in Weg- bzw. Bachnähe zeigten
flachgründige Abrutschungen, z.T. infolge Unterspülung des Unterhanges.
Meist führte jedoch Wassersättigung zum Abrutschen von feinschuttreichem
Lockermaterial über verfestigten Schuttdeckenlagen. Steilhänge
mit Blockauflagen können hingegen als stabil betrachtet werden. Tiefgründige
Hangrutschungen waren nicht zu beobachten.
Tabelle 2: Charakteristische Kenngrößen
für vermessene Bachabschnitte
Die detaillierte Kartierung offenbarte die streckenweise
bedeutende Drainagewirkung von Weganschnitten für den oberflächennahen
Hangabfluß (Interflow) und somit für die beschleunigte Abflußkonzentration
sowie lokale Rutschungen im Einzugsgebiet.
Deutliche Wegeschäden fanden sich erwartungsgemäß
im Bereich überlasteter oder verstopfter Durchlässe sowie dort,
wo Forstwege Hauptfließwegen folgen bzw. diese schneiden. Steile
Rückegassen und Maschinenwege fungierten häufig als lokale Tiefenlinien
und wiesen dann große Erosionschäden auf. Im Bereich der Quellmulde
und der flachen Hochflächen kam es nur lokal auf Wegen und in Drainagegräben
zu stärkeren Erosionserscheinungen.
Fazit:
Hochwasser dieser Intensität haben eine deutliche
formende Wirkung auf den Gewässerlauf und Teile des Einzugsgebietes.
Ein solches Hochwasser läßt sich nicht mehr kontrollieren. Jedoch
kann seine Schadwirkung durch eine sorgfältige Planung bei der Anlage
von Wegen, Drainagen und Brücken vermindert werden (vgl. auch Winkler,
1992):
-
Der Verbau von steilen Mittelgebirgsbächen muß
entweder so massiv erfolgen, daß keine Unterspülungen auftreten
können oder es ist durch den Erhalt einer breiten Aue für genügend
"Bewegungsfreiheit" zu sorgen.
-
Wege sollten grundsätzlich nicht zu steil und vor allem
nicht in Tiefenlinien angelegt werden. Bei Wegen, die Tiefenlinien kreuzen,
ist für eine großzügige Verdolung zu sorgen, auch wenn
kein perennierender Bachlauf sichtbar ist( z.B. mit digitaler Reliefanalyse:
Verdolungen überall dort sinnvoll, wo lokales EZG > 2ha).
-
Brücken sollten entweder so angelegt werden, daß
sie komplett überströmt werden können oder ihr durchflossener
Querschnitt ist für Abflüsse >3000 l/s*km2 auszulegen.
Allerdings sind im letzteren Fall Schäden durch verkeilte Baumstämme
nicht auszuschließen.
-
Im Bereich enger Talauen sollte nach Durchforstungen kein
Holz liegen bleiben. Dies führte im Lauf des Dürreychbaches zur
Bildung einiger natürlicher Dämme mit anschließender Verlegung
des Bachlaufes, wobei bachnahe Wegeabschnitte zerstört werden können.
Literatur
Aberle, J.; Dittrich, A.; Nestmann, F. (1999):
Description of steep stream roughness with the standard deviation s; Proceedings
of the XXVIII IAHR Congress, Graz
DVWK (1996): Bodenerosion durch Wasser - Kartieranleitung
zur Erfassung akueller Erosionsformen. DVWK-Merkblätter zur Wasserwirtschaft
Bd. 293. Bonn.
Deutscher Wetterdienst (DWD) (1997): Kostra-Studie.
Offenbach a.M.
Moeschke, H. (1998): Abflußgeschehen im Bergwald,
Dissertation, Forstliche Forschungsberichte Nr. 169. München
Winkler, N. (1992): Spezielle hydrologische Probleme
im Forststraßenbau. Dissertation am Inst. f. Forsttechnik., Universität
für Bodenkultur. Wien.
Waldenmeyer, G. (1999): Ausgliederung von Flächen
gleicher Abflußreaktion auf Grundlage der Forstliche Standortskarte
und eines Digitalen Höhenmodells. In: Hildebrand, E.E (1999): Vom
Punkt zur Fläche – Neue Wege. Berichte Freiburger Forstliche Forschung
H7:167-172. Freiburg.
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